Eine Chance für ältere – und jüngere – Arbeitnehmer.
Bundestag und Bundesrat haben den Gesetzesentwurf zur Flexirente erfolgreich verabschiedet, so dass das Gesetz zum 01. Juli 2017 in Kraft treten kann. Die Regierung will damit den Anreiz zum Arbeiten nach Vollendung des offiziellen Renteneintrittsalters (zukünftig 67 Jahre) durch höhere Rentenansprüche steigern. Des Weiteren dürfen Beschäftigte zwischen 63 und 67 mehr dazu verdienen, sofern sie das Modell der Teilrente wählen.
Das Flexirentengesetz kann damit verschiedenen Problemen und Entwicklungen im Arbeitsmarkt und bei den gesetzlichen Rentenkassen begegnen.
- Entlastung der Rentenkassen, wenn sich ein Teil der (meistens gut qualifizierten) Arbeitnehmer1) entscheidet, länger zu arbeiten.
- Die Arbeitnehmer können den Übergang vom Erwerbsleben in die Rente selbstbestimmter gestalten:
- Immer mehr Beschäftigte möchten länger arbeiten. Dies liegt z.T. in der größeren Fitness älterer Menschen heute, sowie an der gestiegenen Lebenserwartung. Gründe können aber auch im finanziellen Aspekt liegen: Mehr Geld jetzt oder eine höhere Altersrente später
- In naher Zukunft erreicht die „Babyboomer-Generation“ das Rentenalter, so dass die Unternehmen viele erfahrene Mitarbeiter verlieren werden. Unternehmen klagen schon seit einiger Zeit über Fachkräftemangel. Ein flexibler Übergang in die Rente kann dafür sorgen, dass dies wertvollen Mitarbeiter mit ihren Kenntnissen noch einige Zeit an das Unternehmen gebunden werden und ihre Erfahren an die jüngere Generation weitergeben.
Was hat Teilzeit bzw. Job Sharing mit der Flexirente zu tun?
Damit das Know-how und Wissen der qualifizierten Mitarbeiter im Unternehmen auch an andere Beschäftigte weitergegeben und weiterentwickelt werden kann, bietet sich hier besonders das Generationenübergreifende Job Sharing an: Tandem (Teilzeitteams) in Jung und Alt – Erfahrung trifft auf neue Ideen.
Viele der Mitarbeiter möchten nach dem Eintritt der Regelaltersgrenze auch nicht mehr vollzeitig arbeiten, sondern sie streben eine Teilzeitbeschäftigung an. Für beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – ist es eine Win-Win-Situation, in einem generationenübergreifenden Job Sharing tätig zu werden. Die Arbeitszufriedenheit und Motivation der Beschäftigten steigt. Man kann von den jeweiligen Potenzialen des anderen profitieren und so die Aufgaben gemeinsam vermutlich besser erfüllen. Entlastung bei schwierigen Aufgabenstellungen, weil man auf erweiterte Kompetenzen und Sichtweisen zugreifen kann. Die gemeinsame Verantwortung für ein Aufgabengebiet bei reduzierter Stundenzahl.
Personen, die bis ins hohe Alter gutbezahlte Jobs ausüben können, haben einen Vorteil gegenüber anderen Beschäftigten durch die Flexirente.
Beim Job Sharing teilen sich zwei Personen in gemeinsamer Verantwortung einen Arbeitsplatz und bringen dabei unterschiedliche Fähigkeiten und Kompetenzen mit ein. Aufgrund dieser Arbeitsform werden auch Stellen in verantwortungsvollen Positionen teilbar, die es sonst nicht waren. Dabei handelt es sich überwiegend um gutbezahlte Jobs und die auch teilweise noch lange im hohen Alter bzw. nach der Regelaltersgrenze ausgeübt werden können.
Teilzeit bzw. Job Sharing praktizieren als Rentner ohne Rentenantrag
Jeder Mitarbeiter, der als Rentner nach dem Eintritt der Regelaltersgrenze weiterarbeiten möchte, kann dadurch Entgeldpunkte in der Rentenversicherung erwerben. Der Arbeitgeber zahlt – wie bislang auch – weiter Beiträge zur Rentenversicherung. Nach dem Flexirentengesetz erhöhen diese Beitragszahlungen die Entgeldpunkte auf dem Rentenkonto und führen zu mehr Rentenanspruch. Nach dem neuen Gesetz müssen zudem Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung nicht mehr – allerdings auf fünf Jahre befristet – entrichtet werden.
Bei Mitarbeitern, die keinen Rentenantrag stellen und weiterarbeiten, erhöht sich nicht nur der Rentenanspruch. Darüber hinaus gibt es einen dauerhaften Rentenzuschlag in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat Rentenaufschub (6 Prozent im Jahr). Sollte der Job wegfallen oder man möchte nicht mehr arbeiten, wird einfach die Rente beantragt.
Teilzeit bzw. Job Sharing praktizieren als Rentner mit einer Teilrente
Bei der neuen Flexirente soll auch die allgemein bekannte Hinzuverdienstgrenze von 6.300 € (14 x 450 €) im Jahr gelten. Der Hinzuverdienst wird flexibilisiert. Oberhalb der Grenze von 450 Euro sollen künftig 40 Prozent des Zuverdienstes abgezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass die 40 Prozent Regelung nur bis zu einer individuellen Obergrenze in der Höhe des bisherigen Bruttoarbeitseinkommens gilt. Dabei wird der höchste Wert aus dem letzten 15 Jahren zugrunde gelegt. Wer mehr als diese Obergrenze verdient, muss damit rechnen, dass der Mehrverdienst voll auf die Rente angerechnet wird.
Beispielrechnungen einer möglichen Flexirente2)
Fallbeispiel 1
Günther Z. 63 Jahre alt, Controller bei einem Bauunternehmen
Sein Jahreshöchstgehalt der letzten 15 Jahre liegt bei 45.000 € brutto. Jetzt möchte er in Teilzeit mit einem Arbeitsumfang von 50 Prozent tätig werden und gleichzeitig eine Teilrente beziehen. Herr H. würde jetzt noch ein Jahresgehalt von 22.500 € brutto – monatlich 1.875 € erhalten und geht vorzeitig in Teilrente.
22.500 € – 6.300 € = 16.200 €
Der Freibetrag von 6.300 € ( 14 x 450 €) wird vom Jahresverdienst 22.500 € abgezogen.
16.200 € – 6.480€ = 9.720 €
Nach der neuen Flexirente sollen künftig 40 Prozent des Zuverdienstes abgezogen werden (ähnlich wie bei der Einkommensanrechnung bei der Witwenrente)
In diesem Beispiel hat Herr Z. bislang einen Rentenanspruch von monatlich von 1.400 € (jährlich 16.800 € ) erworben. Von diesem Betrag 16.800 € werden jetzt 9.720 € abgezogen.
16.000 € -9.720 € = 6.280 €
6.280 € : 12 Monate = 523,33 €
Die monatliche Teilrente beträgt: 523,33 €
Gesamteinkommen: Das monatliche Gehalt von 1.875 € und der Teilrente von 523,33 € ergibt in diesem Beispiel 2.398,33 €. Das Einkommen aus Arbeit und Rente muss weiter nach geltendem Recht versteuert werden.
1.875 € + 523,33 € = 2.398,33 € brutto
Fallbeispiel 2
Clemens H., 63 Jahre alt, Berater bei einer Consultingfirma
Sein Jahreshöchstgehalt der letzten 15 Jahre liegt bei 90.000 € brutto. Jetzt möchte er in einem Job Sharing mit einem Arbeitszeitanteil von 50 Prozent tätig werden und gleichzeitig eine Teilrente beziehen. Herr H. würde jetzt noch ein Jahresgehalt von 45.000 € brutto – monatlich 3.750 € erhalten und geht vorzeitig in Teilrente
45.000 € – 6.300 € = 38.700 €
Der Freibetrag von 6.300 € (14 x 450 €) wird vom Jahresverdienst 38.700 € abgezogen.
38.700 € – 15.480 € = 23.220 €
Nach der neuen Flexirente sollen künftig 40 Prozent des Zuverdienstes abgezogen werden (ähnlich wie bei der Einkommensanrechnung bei der Witwenrente)
In diesem Beispiel hat Herr H. bislang einen Rentenanspruch von monatlich von 2.500 € (jährlich 30.000 € ) erworben. Von diesem Betrag 30.000 € werden jetzt 23.220 € abgezogen.
30.000 € – 23.220 € = 6.780 €
6.780 € : 12 Monate = 565 €
Die monatliche Teilrente beträgt: 565 €
Gesamteinkommen: Das monatliche Gehalt von 3.750 € und der Teilrente von 565 € ergibt in diesem Beispiel 4.315 €. Das Einkommen aus Arbeit und Rente muss weiter nach geltendem Recht versteuert werden.
3.750 € + 565 € = 4.315 € brutto
Fazit
Die neue Flexirente ermöglicht den Beschäftigten mehrere Varianten, den Übergang vom Erwerbsleben in die Rente selbstbestimmter zu gestalten. Die Gewinner dieser neuen Flexirente sind vor allem jene Beschäftigte, die noch nach dem Eintritt der Regelaltersgrenze körperlich/geistig fit sind und über gut bezahlte Jobs verfügen. Diese Chance sollten auch die Unternehmen jetzt nutzen. Es geht ja nicht nur darum, das Wissen dieser Mitarbeiter für ein paar Jahre länger im Unternehmen zu halten, sondern das dieses Know-how und die Erfahrungen an Nachfolger und jüngere Mitarbeiter weiterzugeben und gegebenfalls auch noch weiterzuentwickeln.
Das Generationenübergreifende Job Sharing verbindet nicht nur die Weitergabe an Wissen und fördert den Wissenstransfer von Jung und Alt, sondern sie führt auch noch zu einer Arbeitszufriedenheit und Motivation der Tandems (Teilzeitteams). Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit gab es Ende 2014 über eine Million Menschen, die trotz ihres Rentenalters weiterarbeiteten3).
1) Im Text wird die männliche Form aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwendet. Selbstverständlich ist hierbei die weibliche Form ausdrücklich eingeschlossen.
2) Eigene Berechnungen in Anlehnung an https://www.seniorenbedarf.info/flexi-rente-2016-hinzuverdienst-bei-rente; abgerufen am 09.12.2016
3) https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2016/09/2016-09-14-flexirente.html; abgerufen am 09.12.2016