Viele Ältere sind hochqualifiziert, 50plus oder 60plus, und suchen eine neue Position, weil sie beispielsweise aufgrund von Unternehmensaufgabe bzw. Standort-Schließung des Unternehmens ihren Job verloren haben. Für einige von ihnen würde es sich anbieten, vorausgesetzt – sie können es sich auch leisten – , in den vorgezogenen Ruhestand zu gehen. Für den Arbeitslosenkreis der Anfang/Mitte 50ziger, mit Kindern in der Ausbildung und einer noch abzuzahlenden Hypothek; sie wollen, besser: müssen, wieder eine Arbeitsstelle finden.
Ein Teil meiner Kunden.innen sind über 50plus und bemühen sich schon seit längerer Zeit intensiv um eine neue Position. Eine Frau von ihnen hat schon über 100 Bewerbungen geschrieben – sei es auf offene Stellen, Initiativbewerbungen, Jobmessen oder fach orientierte Karrieremessen. Leider ohne Erfolg. Sie wurde noch nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Dabei ist sie hochqualifiziert, verfügt über umfangreiche Berufserfahrungen und hat erstklassige Referenzen. Aber: Sie ist 59 Jahre alt.
Natürlich wird es nicht offen kommuniziert, dass das Alter als ein Kriterium zu einer Absage geführt hat. Viele Personaler:innen denken auch, dass die Kenntnisse dieses Personenkreises nicht mehr „up-to-date“ sind oder sie sind einfach „zu teuer“ für das Unternehmen. Zudem bestehen auch Vorbehalte: Vorgesetzte befürchten von älteren Personen mehr kritisiert zu werden als von Jüngeren. Würden die Personaler:innen den Älteren die Möglichkeit eines Vorstellungsgespräches eröffnen, so könnten viele Befürchtungen schon im Vorfeld ausgeräumt werden. Diese Chance gibt man ihnen nicht.
Das Know-how dieser älteren Personen muss erhalten bleiben, um es den anderen Unternehmen zur Verfügung zu stellen und den jüngeren Mitarbeitern des Unternehmens weitergeben zu können. Wie kann das gehen? Die Antwort: Ein generationenübergreifendes Job Sharing. Ein ältere:r Mitarbeiter:in arbeitet mit einem Jüngeren zusammen und gibt auf diesem Weg sein Können und Wissen an ihm weiter.
Diese Möglichkeit des Wiedereinstiegs in den Arbeitsmarkt erwähnte ich bei der bereits erwähnten Kundin in einem unserer Gespräche. Anfangs war sie sehr skeptisch. Aber mit der Zeit nahm ihr Interesse an dieser Form des Jobsharings zu, weil sie immer noch keine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhalten hatte. Jetzt wollte sie es ausprobieren, sich für ein generationsübergreifenendes Jobsharing bei Unternehmen zu bewerben. Ihre wichtigste Frage: Wie mache ich das? Es reicht ja nicht, dass ich diese Möglichkeit des Jobsharings in meinem Anschreiben erwähne. Ich möchte auch Erfolg damit haben.
Eine Jobsharing-Bewerbung muss gut durchdacht und optimal vorbereitet werden. Im Vorfeld sind schon Schritte erforderlich, die Jobsharing-Interessierte zuerst klären sollten. Bei welchen Unternehmen, Branchen, Unternehmensgröße etc. haben sie aufgrund ihres Profils die größten Chancen? Stehen dann die ausgewählten Unternehmen fest, gilt es zu recherchieren: Wie verhalten sich diese Unternehmen zur familienbewussten und innovativen Arbeitszeiten? Die Unternehmenskultur ist sehr wichtig. Ich habe hier nur einige Fragen aufgeführt, die sich Interessierte anfangs unbedingt stellen und beantworten sollten. In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass eine Jobsharing- (Tandem) Bewerbung (Jobpartner:in bereits vorhanden) im Vergleich zu einer Bewerbung für ein generationsübergreifendes Jobsharing anders erstellt bzw. geschrieben wird.
Meine Kundin hatte sich entschieden, sich mit der zweiten Variante „Jung und Alt als Tandem in einem Jobsharing“ zu bewerben. Nachdem die in Frage kommen Unternehmen feststanden – sowohl passend zu ihrem Profil als auch von der Unternehmenskultur – schrieb sie ihre individuellen Jobsharing-Bewerbungen. Wir hatten uns vorher intensiv damit beschäftigt und ausgetauscht, wie sie den Aufbau der Bewerbung gestalten sollte.
Jede Bewerbung ist individuell, weil sie zum einen von der Persönlichkeit und zum anderen vom Jobprofil der Bewerberin bzw. des Bewerbers abhängt. Das Wichtigste ist, dass diese Bewerbung einen Mehrwert (Lösung der Schmergrenze des Unternehmens) für das Unternehmen darstellt. Darin liegt die Kunst dieser Bewerbung, dass die Vorteile aus Arbeitgeber:innensicht in Verbindung mit den bisherigen Tätigkeiten bzw. langjährigen Berufserfahrungen im Anschreiben oder auf einem Tandemprofil herausgearbeitet werden. Weiterhin darf auf keinen Fall ein Jobsharing-Arrangement fehlen. Hier wird erklärt, was für ein Jobpartner gewünscht wird und wie das Arbeiten in einem Jobsharing erfolgen soll. Dazu zählen beispielsweise: Arbeitszeitgestaltung, Aufteilungen der Aufgaben (vorwiegend nach den jeweiligen Stärken), Kommunikation, eine eventuelle Urlaubs- oder Vertretungsregelung, etc.…).
Mit dieser Jobsharing-Bewerbung verkaufen Sie eine Idee, einen Antrag für die Umwandlung einer bereits vorhandenen bzw. neu geschaffenen Vollzeitposition in ein generationenübergreifendes Jobharing oder eine Lösung.
Vor einigen Tagen rief mich diese Kundin aufgeregt an und erzählte mir, dass sie nächste Woche ein Vorstellungsgespräch habe. Es sei die erste Einladung nach den vielen Absagen. Sie konnte es kaum fassen. Auf dieses Gespräch hat sie sich auch noch ausführlich vorbereitet. Wir beide haben uns überlegt, wie sie ihren Jobsharing-wunsch als Wiedereinstieg – hier geht es um ein generationenübergreifendes Job Sharing – optimal vorträgt. Und welche Fragen seitens des Personalchefs bzw. der Unternehmensleitung auf sie zukommen könnte und wie sie dann darauf antwortet. Einwände vom Unternehmen werden am besten mit Lösungsmöglichkeiten beantwortet. Nur diese Antworten fallen einem nicht gerade spontan im Bewerbungsgespräch ein. Anschließend hatten wir eine kleine Präsentation mit Handouts für das Gespräch erarbeitet.
An dieser Stelle möchte ich diesen Personenkreis von Arbeitssuchenden ermutigen und gezielt auffordern, sich in einem generationsübergreifenden Jobsharing bei Unternehmen zu bewerben. Nach der Devise: Wer versucht, kann verlieren. Wer nicht versucht, hat schon verloren. Was passiert, wenn diese älteren Arbeitssuchenden keine neue Wege gehen? Nachdem das Arbeitslosengeld I ausgelaufen ist, erhält nur ein geringer Teil der Arbeitslosen die Möglichkeit, eine adäquate Position – entsprechend ihrem Können und Wissen – zu bekommen. Der Weg in eine Selbstständigkeit, die auch tragfähig ist, würde zu lange dauern. Was würde passieren? Dieser Personenkreis müsste zuerst seine Ersparnisse aufbrauchen, bevor er Hartz IV beantragen kann. Das ist doch nicht die Lösung!